Marokko – Westsahara

Am Tor zwischen Europa und Afrika nehme ich in Tarifa die Fähre hinüber nach Tanger.  Von dieser vibrierenden Stadt an der Nordküste Marokkos trete ich für die nächsten zwei Wochen in die Pedale bis tief in den Süden, dort wo der Asphalt vom Sand verschluckt wird: in die Westsahara.

Die ersten Tage fahre ich durch Orte wie Larache, die Königsstadt Rabat und durch Marokkos grösste Stadt Casablanca vorbei an lebhaften Souks, blühenden Gärten und historischen Mauern. Einige Bilder bleiben mir allerdings auch sehr negativ in Erinnerung. Rund um die Gewächshausanlagen südlich von Larache türmt sich Abfall über viele Kilometer hinweg.  Plastikplanen, Säcke, Flaschen – überall verstreut. Ich bin schockiert zu sehen, wie achtlos der Müll in die Natur entlassen wird und wie Schafe darin nach Fressbarem suchen.

Kulinarisch lasse ich mich durch marokkanische Tajine mit Oliven, Gemüse und Huhn überraschen und In Safi übernachte ich in der Altstadt in einem Riad mit Fliesenboden, Pflanzen und beruhigendem Plätschern des Brunnens.

Je weiter ich Richtung Süden nach Essaouira und Agadir gelange – desto karger wird die Landschaft und umso leerer werden die Strassen.

Unterwegs begegne ich Menschen, die in einer anderen Zeit zu leben scheinen: Ein alter Mann auf einem Esel, tief in seinen Burnus gehüllt, grüsst mich mit ruhiger Selbstverständlichkeit. Später zwei Männer, ebenfalls auf ihren Eseln, die mir im Vorbeifahren zulächeln.  Sie passen perfekt in diese karge, zeitlose Welt.

Kurz nach Agadir geht’s langsam, aber sicher in die Wüste. Eine Welt aus Sand, Gestein und Gestrüpp, Wind und Monotonie, in der die Natur reduziert ist auf das Wesentliche und sich Himmel und Erde fast berühren.  Und genau diese scheinbare Leere macht jede Beobachtung unglaublich reich an Eindrücken. Jedes Detail zählt. Der Wind bläst mir manchmal unerbittlich entgegen, fegt Sand über die Strassen und bedeckt damit den Asphalt.

Plötzlich nehme ich hinter mir ein lärmiges Objekt wahr. Ein riesiger Sandräumer – ein John Deere-Radlader – kämpft sich langsam über die Strasse, um den Sand zurück in die Wüste zu bringen. So was habe ich noch nie gesehen. Bei uns werden die Strassen vom Schnee und hier vom Sand befreit.

Schilder mitten im Nichts – wie jenes, das alle zwei Stunden zu einer Pause mahnt – machen mir bewusst, dass Monotonie hier nicht nur landschaftlich, sondern auch mental fordert, als ob das Radfahren zur reinen Bewegung wird, frei von Ablenkung.  Diese Gleichförmigkeit in der unendlich scheinenden Wüste und der Stille, versetzt mich mit jeder weiteren Kurbelumdrehung in einen meditativen Flow. In etwa alle 100 Kilometer zeigt sich wieder eine Oase, eine kleine Wüsten-Stadt wo ich mich verpflegen und nächtigen kann. Einfach beeindruckend, denn immer wieder finde ich genau, was ich benötige. Ein Gemüse- und Fruchthändler, eine Bäckerei und ein kleines Lebensmittelgeschäft für den Rest. Oft habe ich ein Studio mit Kochnische und kann mir dann das Essen zubereiten.

Der südlichste Punkt meiner Etappe LAAYOUNE ist erreicht. Der Einstieg in den Kontinent Afrika damit geschafft und ich hoffe es gibt bald eine Fortsetzung. Alles Richtung Süden reizt mich. Aber erst muss ich meine Rücken- und Gelenkschmerzen in den Griff bekommen…

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